Wenn eine neue Technologie einen oder mehrere unserer Sinne in die soziale Welt ausdehnt, werden sich neue Verhältnisse zwischen allen unserer Sinne ergeben.
— Marshall McLuhan, Gutenberg Galaxy, 1962
So sah er aus, der gute alte Marshall-Plan: Das Buch als Leitmedium im Zentrum der Gutenberg-Galaxis. Am Anfang war die Erfindung des Buchdrucks. Es folgte eine massenhafte Alphabetisierung und damit verbunden eine Explosion der Bildung breiter Schichten. Aber hätte sich Onkel Marshall wirklich träumen lassen, dass die Zukunft einmal in den Wolken liegen würde? In der Cloud. Zum Anfassen allenfalls noch via Tablet oder Smartphone.
Einer, der diesen Übergang noch erlebt hat, ist Medientheoretiker und Universalgenie Friedrich Kittler. Musik, Filme, Fotos, Spiele, Bücher, Unterhaltungsmedien aller Art verlieren ihre physische Präsenz und können plötzlich überall sein:
[...] Ich habe den Abschied vom Analogen in jeder Hinsicht erlebt und bewusst wahrgenommen. Ich bin durchgerauscht durch die Mediengeschichte, habe alles mitgenommen. Ich habe auf Super-8 gefilmt, habe mir Radios und Grammophone gekauft, die Schreibmaschine meiner Mutter zweckentfremdet und Bücher gelesen. Heute sind die Softwares so weit entwickelt, dass eine Auseinandersetzung mit der Materie gar nicht mehr naheliegt: Man greift heute auf fertige digitale Bausteine zurück, aber man kommt gar nicht mehr auf Ideen wie Torvalds (Erfinder des Linux-OS) damals gehabt hat.
— Friedrich Kittler im Interview mit Spex 2008, Ausgabe 314
Womit aber haben wir es jetzt eigentlich zu tun? Medientheoretisch gesehen. Digitale Revolution? Immer mehr heiße Medien? Eine Veränderung der Sinne, frei nach Marshall McLuhan?
Stopp. Lassen wir die Medientheoretiker einfach mal im digitalen Dorf. Gehen wir die Sache basic an. Frage: Wann sind Sie das letzte Mal U-Bahn gefahren? Sie sitzen grad drin? Na, dann können Sie ja mitreden! Einfach mal umschauen: Wer guckt denn da noch aus dem Fenster? Zählen wir sie doch mal durch, all die Smartphone-User, Tablet-Toucher, iPhone-Jünger und E-Book-Leser. Gar nicht wenige! Und von wegen alles Native User – eher quer durch alle Altersschichten. Männlein, Weiblein, sozialer Status breit gefächert. Wir könnten das jetzt auch statistisch unterfüttern, aber wer braucht sowas? Wer Augen hat, der sehe!

Denn siehe, der digitale Wandel ist längst da. Aber nicht Knall auf Fall, sondern schleichend. Wir nutzen, was eben so schön geht, pragmatisch, wenn’s nützt. Keine Digitale Revolution ist das. It’s e-volution, Baby! Und dabei braucht es auch keine Evangelisten, die uns im Social-Media-Sprech erklären, warum wir auf all das nicht mehr verzichten können. Wir probieren’s einfach. Ohne Ideologie. Ohne Masterplan.
Druckbuch oder Strombuch? Die Frage ist akademisch. Wie es Euch gefällt! Frei nach Shakespeare eben, und man darf annehmen, der findige Unternehmer hätte heute ein Start-up in der E-Book-Branche. Deshalb noch schnell one for the road und cheers!
Mir war, als wär ich, und mir war, als hätt ich… des Menschen Auge hat’s nicht gehört, des Menschen Ohr hat’s nicht gesehen, des Menschen Hand kann’s nicht schmecken, seine Zunge kann’s nicht begreifen und sein Herz nicht wieder sagen, was mein Traum war.
— Zettel (Multimedia at its best)
Strombuch